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Platon für Zeitgenossen

Bildung: Die Suche nach dem Schönen, Wahren und Guten

Erschienen am 12.09.2005
9,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442077069
Sprache: Deutsch
Umfang: 470 S.
Format (T/L/B): 3.2 x 18.4 x 11.4 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Mehr als Zitatenschatz und Nachschlagewerk: In diesen philosophischen Texten kann man schmökern. "Platon für Zeitgenossen" versammelt Texte, die auch heute noch von höchster Aktualität sind. Bildung war eines der zentralen Anliegen des griechischen Philosophen. Dabei dachte er nicht an das Erlernen weltfremder und praxisferner Inhalte. Es ging ihm vielmehr um die Frage, welches Wissen den jungen Menschen nahe gebracht werden soll, damit sie öffentlich und privat ein "gutes" und "gelingendes" Leben führen können. Bildung erscheint somit als Schlüssel zum Glück.

Autorenportrait

Dr. phil. habil. Josef M. Werle, der Herausgeber dieser Sammlung, lehrt Philosophie an der Universität Trier und führt eine Philosophische Praxis.

Leseprobe

Apologie oder Des Sokrates Verteidigungsrede 1. Welchen Eindruck, meine athenischen Mitbürger, meine Ankläger auf euch gemacht haben, weiß ich nicht; ich meinesteils stand so unter dem Bann ihrer Worte, daß ich mich beinahe selbst vergaß: so überzeugend klangen ihre Reden. Und doch, von Wahrheit war kaum eine Spur zu finden in dem, was sie gesagt haben. Am meisten aber war ich erstaunt über eine von den vielen Lügen, die sie vorgebracht haben, über die Warnung nämlich, die sie an euch richteten, ihr solltet euch ja nicht von mir täuschen lassen, denn ich sei ein Meister der Rede. Daß sie sich nicht entblödeten, dies zu sagen trotz der Gewißheit, alsbald durch die Tatsachen von mir widerlegt zu werden, wenn es sich nämlich nunmehr herausstellt, daß ich nichts weniger bin als ein Meister der Rede, das schien mir der Gipfel aller Dreistigkeit zu sein, es müßte denn sein, daß sie den einen Meister der Rede nennen, der die Wahrheit sagt. Denn wenn sie es so meinen, dann habe ich kein Bedenken, mich als Redner gelten zu lassen - nur eben nicht als einen von ihrer Art. Sie, die Kläger, haben, wie gesagt, so gut wie nichts Wahres vorgebracht; von mir aber sollt ihr die volle Wahrheit vernehmen. Aber, beim Zeus, meine Mitbürger, was ihr von mir zu hören bekommt, wird kein in Worten und Wendungen schön gedrechseltes und wohlverziertes Redewerk sein wie das dieser Ankläger, sondern ein schlichter Vortrag in ungesuchten Worten. Denn ich bin fest überzeugt von der Gerechtigkeit meiner Sache, und keiner von euch möge mich anders als mit Vertrauen anhören. Es wäre doch auch in der Tat ein starker Verstoß, meine Mitbürger, wollte ich in diesen meinen Jahren vor euch auftreten wie ein Jüngling, der sich in künstlichem Redeschmuck gefällt. Und ich richte an euch, meine athenischen Mitbürger, recht dringend die folgende Bitte: wenn ihr von mir bei meiner Verteidigung die nämliche Redeweise vernehmt, deren ich mich auf dem Markt an den Wechslertischen bediene, wo viele von euch mir zugehört haben wie auch anderwärts, so wundert euch nicht und machet darob keinen Lärm. Es verhält sich damit nämlich folgendermaßen: Es ist heute das erstemal, daß ich vor Gericht erscheine, siebenzig Jahre alt. Ich bin also ein völliger Fremdling in der hier üblichen Redeweise. Gesetzt nun, ich wäre hier ein Fremder im eigentlichen Sinne, so würdet ihr es offenbar verzeihlich finden, wenn ich mich derjenigen Sprache und Redeform bediente, in der ich erzogen bin. So wende ich mich denn jetzt an euch mit der, wie mir scheint, nicht unbilligen Bitte: macht euch keine Gedanken über meine Redeweise, gleichviel ob sie schlecht oder gut ist; richtet vielmehr eueren Sinn und euere ganze Aufmerksamkeit darauf, ob, was ich sage, recht ist oder nicht; denn das ist die Pflicht und Aufgabe des Richters, wie es die des Redners ist, die Wahrheit zu sagen. 2. An erster Stelle liegt es mir ob, meine athenischen Mitbürger, mich gegen die falschen Beschuldigungen früherer Zeit und gegen meine früheren Ankläger zu rechtfertigen, sodann gegen die späteren Anschuldigungen und Ankläger. Schon längst nämlich seit vielen Jahren haben euch zahlreiche Ankläger gegen mich in den Ohren gelegen, die nichts als Unwahrheiten vorbrachten, Leute, die ich mehr fürchte als den Anytos und seinen Anhang, so gefährlich diese auch sein mögen; gefährlicher, meine Mitbürger, sind doch jene, welche die meisten von euch schon von Kindheit an gegen mich einzunehmen und als durchaus lügenhafte Ankläger euch weiszumachen suchten: 'Es treibt hier ein gewisser Sokrates sein Wesen, ein weiser Mann, der über die Himmelserscheinungen nachgrübelt, auch alles Unterirdische aufgespürt hat und die schlechte Sache zur guten zu machen weiß.' Diese Leute, die solches Gerede verbreiteten, sie sind meine wirklich gefährlichen Ankläger. Denn wer das hört, der ist der Meinung, daß solche Grübler auch an keine Götter glauben. Dazu kommt, daß die Zahl dieser Ankläger groß ist und daß s ...

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